Danielle de Picciotto und Alexander Hacke - The Ship Of Fools - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Kunst + Kultur



AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 02.06.2008


Danielle de Picciotto und Alexander Hacke - The Ship Of Fools
Tatjana Zilg

Ende 2007 feierte die audiovisuelle Inszenierung des KünstlerInnenpaares Premiere. Das Theaterereignis und seine Entstehung hielten sie auf DVD und CD fest. Inspiriert von der mittelalterlichen ...




... Novelle "Narrenschiff" des Dichters Sebastian Brant entwickelten sie eine spektakuläre Bühnenperformance.

Ihre filigranen, surreal anmutenden, bizarr schönen Gestalten ließ die multi-talentierte Künstlerin bereits auf den Hintergrund-Kulissen zu der musik-theatralen Umsetzung von "Mountains Of Madness" erscheinen. Gemeinsam mit Alexander Hacke – vielen bekannt als Bassist der Einstürzenden Neubauten – und den Tiger Lillies entwarf Danielle de Picciotto eine moderne Interpretation des Kult-Klassikers von Howard Phillips Lovecraft.

Weiter zurück in die Literaturgeschichte blendet das KünstlerInnenpaar mit "The Ship Of Fools". 1458 schrieb der Satiriker Sebastian Brant die Novelle, die das menschliche Leben als eine gedankenlose Schiffsreise über das Meer darstellt - verstrickt in Sünden und Laster, angetrieben von begehrlichen Wünschen und Hoffnungen, verblendet im Blick für die Wahrheit des Menschen, dem Verderben und Untergang droht. Danielle de Picciotto und Alexander Hacke nehmen diesen Impuls auf und präsentieren elf der von Brant beschriebenen Narren mittels live aufgeführter Musik und Bildprojektionen. Sie beweisen, dass die Analogie Sebastian Brants bis heute ihre Aktualität bewahrt hat und bieten einen neuen, ganz individuellen Kommentar zum heutigen globalen Narrentanz.

Diesmal bleibt auch die gesamte Bühnenperformance in der Hand von Danielle de Picciotto und Alexander Hacke. Dank ihrer langjährigen Aktivitäten in zahlreichen Musik- und Kunstprojekten schöpfen sie aus einem großen Spektrum an Erfahrungen. Alexander Hacke überrascht mit einem kräftigen, nuancenreichen, packenden Gesang, der von der samtigen, manches Mal flüsternden, ein anderes Mal im märchenhaften Erzählton intonierenden, dann wieder bitterzart dahinschwebenden Stimme von Danielle de Picciotto perfekt ergänzt wird. Zehn der so entwickelten Songs wurden auf der CD festgehalten, die auch ohne Kenntnis der großartigen Bühnenshow ein vielseitiger auditiver Genuss ist und eigenständig für sich stehen kann. Die musikalische Interpretation wurde sehr weitreichend angelegt und verbindet kontemporäre Einflüsse mit den expressiven Facetten einer mittelalterlichen Welt.

Die DVD zeigt in elf Kapiteln die aufwendigen Bühnenumsetzungen der Texte von Sebastian Brant, jeweils ergänzt von Interviewausschnitten mit Danielle de Picciotto und Alexander Hacke, in denen sie über die Modernität der Novelle reflektieren und einige Hintergrundgeschichten zu der Entstehung ihrer Inszenierung erzählen. In den Narrenschiff-Episoden werden unter anderem Selbstgerechtigkeit und das Verlangen der Menschen nach kriegerischer Aggression hinterfragt, der Tanz um das goldene Kalb aufs Podest gestellt sowie universelle Themen wie Gier, Habsucht und Begierde aufgegriffen.

Danielle de Picciotto und Alexander Hacke im Netz: www.danielledepicciotto.com und www.hacke.org

Weiterlesen: Interview mit Danielle de Picciotto auf AVIVA-Berlin.

AVIVA-Tipp: Das KünstlerInnenpaar hält menschlichem Sein und Handeln in vergangenen und gegenwärtigen Zeiten einen tiefgründigen Spiegel vor. Für die musikalische Umsetzung nutzen sie elektronische, sphärische Klangwelten neben lärmigen Heavy-E -Gitarren, bizarren Dissonanzen, orientalischen Rhythmen und Moritaten-ähnlichen Balladen. Musik und Gesang verbindet sich perfekt mit der theatralen Inszenierung, in der überdimensionale Schwarz-Weiss-Zeichnungen, Video-Projektionen mit metapherreichen Bildanalogien, Burlesk-TänzerInnen, Maskenspiele sowie stilvolle Kostüme ihren Einsatz finden.

Danielle de Picciotto und Alexander Hacke
The Ship Of Fools

DVD, 90 Minuten, plus CD
Label: Potomok, Indigo, VÖ Juni 2008



Kunst + Kultur

Beitrag vom 02.06.2008

AVIVA-Redaktion